Schleching trug die Plattl-Legende vom Streichen zu Grabe
Schleching – Das Plattln und der Gasthof Streichen, das war das Leben von Franz Strohmayer. Als „Plattl-Legende“ wird er nicht nur seinem Trachtenverein „D’Gamsgebirgler“ in Erinnerung bleiben, sondern dem ganzen Chiemgau-Alpenverband und besonders allen Schlechingern.
Völlig unerwartet und für alle unfassbar verstarb Franz Strohmayer am 12. November, mitten aus dem Leben gerissen, sagte Pfarrer Martin Straßer im Trauergottesdienst. „Er war das Gesicht vom Berggasthof Streichen, nun ist er nicht mehr da. Die Familie hat mir erzählt, dass er den Gasthof selten verlassen hat, keinen Urlaub machen wollte, nur wenn es zum Preisplattln ging“ führte der Pfarrer aus. Weiter berichtete er von dem Naturliebhaber Franz, der besonders gern die Edelweiße mochte und sie selbst züchtete und nachts, wenn er nicht schlafen konnte, hat er sie gepresst, aufgedrahdelt und eine ganze Sammlung angelegt und natürlich trug er an seinem Trachtenhut drei Edelweiße. Aber seine große Leidenschaft war das Plattln, für die er sich fit hielt und auf einem extra angelegten Platz hinter dem Berggasthof fleißig übte. Mit seinem sechsten Lebensjahr hat der Franz das Plattln begonnen, schon in jungen Jahren alle Wettbewerbe beim Jugendpreisplattln gewonnen, später beim Gauplattln und beim Vereinsplattln, bis ins hohe Alter verließ ihn nicht der Erfolg.
Jetzt ist er im Alter von 71 Jahren in seinem Elternhaus auf dem Streichen verstorben. Das hat er sich immer gewünscht, dass er vom Streichen heimgehen wollte für immer, erinnerte sich der Pfarrer.
In einem Rückblick über das Leben von Franz Strohmayer fasste Straßer zusammen: nach der Schule in Schleching hat er an der Landwirtschaftsschule gelernt und nebenbei bei der Baufirma Bachmann in Schleching gearbeitet, bis er
1984 den Gasthof von seinen Eltern übernahm, unterstützt von seiner Lebensgefährtin Lydia und seiner Familie. Gekocht wurde für die vielen Wanderer und Besucher auf dem Herd in der Küche, der mit selbst geschlagenem Holz befeuert wurde und genauso alt ist, wie der Franz.
Pfarrer Straßer bedankte sich posthum für die Pflege der Streichenkirche beim Franz, dafür, dass er jeden Morgen und Abend die Kirche auf- und zugesperrt hat, die Wege hinauf geräumt hat und Jahrzehnte der insgeheime Messner war mit einem „Vergelts Gott“.
„Er hatte ein Herz für den Trachtenverein und fürs Plattln, darum hat er auch im Grab seine Plattlerhose und die Trachtenjoppe an“ schloss der Pfarrer und heute läuten für ihn die Glocken der Pfarrkirche und die Glocken der Streichenkirche, das Läuten, das in sein Leben lang begleitet hat.
Der Trauergottesdienst wurde instrumental begleitet von Rudi Ritter an der Zither, Markus Maier an der Ziach, die Schlechinger Sänger trugen Lieder und die Bauernmesse von Anette Thoma vor, die Vereinsfahne der Gamsgebirgler schmückte den Altarraum.
In der Kirche durften mit der Familie nur 50 Personen an der Trauerfeier teilnehmen, aber vor der Kirche standen unzählige Menschen mit Mundschutzmasken, die Franz Strohmayer das letzte Geleit geben wollten, die Röckifrauen, die Männer in der traditionellen Tracht und die vielen Schlechinger, die nur durch Mund zu Mund von der nicht öffentlich bekannt gemachten Beerdigung wussten. Musikalisch begleitet von den Schlechinger Alphornbläsern und Konrad Anner mit der Trompete.
Am Grab sprach der Vorstand vom Trachtenverein „d’Gamsgebirgler“ Andi Hell und fand, das es ein harter Tag ist, den Ehrenvorstand des Vereins, das Markenzeichen vom Chiemgau Alpenverband und einen Weggefährten und guten Freund zu beerdigen. 55 Jahre war er im Verein und hat kein Preisplattln versäumt, hatte sich schon sehr auf das Gaufest, das ja in diesem Jahr in Schleching stattfinden sollte, gefreut und nun nicht mehr dabei sein kann.
Bewegend für alle Besucher des Friedhofs war es, als Andi Hell die Musik mit der Ziach spielen ließ, die der Franz so liebte und die für ihn beim Preisplattln so wichtig war, um im Takt zu bleiben. wun
Fotos Wunderlich
Franz beim Preisplattln
Franz in seiner Küche auf dem Streichen an seinem alten Holzherd
Franz vor seinem Berggasthof
Sybilla Wunderlich (wun), Maisbachweg 4, 83259 Schleching, Tel. 08649-9869273, Sybilla.Wunderlich@t-online.de
19. November 2020