Keine Gefahr für Raiten durch eine Lawine von der Hochplatte

Schleching – Bürgermeister Sepp Loferer hatte die Raitener Bürger zu einer Informations-Veranstaltung  zur aktuellen Situation auf der Hochplatte eingeladen. Nach der Evakuierung des Ortes Raiten im Januar herrschte bei den Bewohnern im Nachhinein immer noch Unsicherheit über die aktuelle Situation und wie es weitergehen soll. Loferer konnte als Erstes verkünden, dass das Betretungsverbot für Hinterraiten ab sofort aufgehoben sei.

 An seiner Seite stand der Leiter des Bayerischen Lawinenwarndienstes beim Landesamt für Umweltschutz (LfU) Hans Konetschny, der den erschreckten Bürgern seine fachliche Einschätzung zur aktuellen Situation gab. Zunächst erklärte er das Organigramm seiner  Organisation, es gibt 33 Lawinenkommissionen (zirka 350 Ehrenamtliche), eine Lawinenwarnzentrale (6 Mitarbeiter) und Messstellen (zirka 50 Ehrenamtliche), alle Mitarbeiter sind zum Schutz der Bevölkerung eingesetzt, erklärte Konetschny. Zurzeit der Evakuierung bestand der  Katastrophenfall, bei dem  die Entscheidungen auf oberster Ebene vom Landratsamt getroffen werden, nicht mehr von der Gemeinde und in diesem Fall auch nicht von der Lawinenwarnzentrale.

Diese hat dann in  Zusammenarbeit mit dem Schweizer „Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung“ in Davos  eine Grobberechnung durchgeführt, die ergab, dass keine akute Gefahr besteht und die Evakuierung aufgehoben werden kann.

 

Somit konnte Konetschky  die zentrale Botschaft auf dieser Informationsveranstaltung  verkünden, dass aus Sicht des Lawinenwarndienstes, aus dem Anrissgebiet der Hochplatte nach menschlichem Ermessen Raiten nicht von einer Lawine getroffen werden kann.

Er bezog sich auf den Lawinenabgang von der Hochplatte am 25. Februar  2009, den man mit Hilfe einer Software zur Lawinen-Simulation ausgewertet hat, mit dem Ergebnis, dass die „Lebensversicherung“ für Raiten der Felskopf auf der Hochplatte sei, dadurch würde eine Lawine eine kurvenbedingte Sturzform nehmen müssen und somit gewaltig an Energie verlieren und das Ortsgebiet Raiten nicht erreichen.

Konetschny erinnerte an die Situation am  17. Januar 2019 auf der Hochplatte und die Gleitschneerisse an der Hochplatte,  er bezeichnete diese  als normale Erscheinung bei dem außergewöhnlichen Schnee-Ereignis.

Jetzt hat sich  die Altschneedecke  gut gesetzt, es können kleinere oder größere Lawinen abgehen, die aber keine Gefahr für Raiten sind, versicherte er. Im Frühjahr könnten Nassschnee-Lawinen abgehen, auch hier kleine bis große, aber kein zusammenhängender Abgang, die aber –bedingt auch durch die Geologie des Bodens- keine Gefahr darstellen.

Der Bürgermeister versprach, wenn der Schnee weg ist  zeitnah zu erkunden, welche Szenarien zu erwarten wären  bei großen Schneemengen auf der Hochplatte mit Hilfe der Simulations-Software und in Zusammenarbeit mit der Lawinenleitzentrale. „Wir wollen nach vorn schauen und haben viele Hausaufgaben“ meinte er.

Es kamen zahlreiche Fragen aus dem Publikum, zum Beispiel  „Was ist mit der befürchteten Staublawine?“ Der Alpinbeauftragte der Bayerischen Polizei, Helmut Weidel, antwortete, dass es sich bei einer Simulation zeigte, dass eine Staublawine immer gerade runter geht, in Fall der Hochplatte würde sie bis zum Felsriegel laufen und dort würde die Wucht extrem minimiert werden, der Staub würde auch sofort in die Luft gehen und wäre für Raiten nicht existent. Es sei an der Stelle eher nur mit Fließlawinen zu rechnen.

„Ob ein Absprengen bei der Schneehöhe nicht besser gewesen wäre?“ war die nächste Frage aus dem Publikum. Die Antwort vom Bürgermeister war, dass er sich immer von Fachleuten beraten lassen würde, die in dem Fall antworteten, dass man eine Sprengung in bebauten Gebieten nicht durchführt.

Auf die Frage nach einem „Schutzwald unterhalb der Hochplatte“, wurde geantwortet, dass die Besitzverhältnisse am Berg geklärt werden müssen, was ist staatlicher Forstbereich, was privat. Außerdem wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Bremseffekt vom Wald nur fünf Prozent ausmacht,  entscheidender  für die Lawinendynamik sei der Hangquerschnitt, die Felsformationen und die Schichtung der Gesteine.

Zum Abschluss versprach der Bürgermeister, aus den möglichen Berechnungsmodellen das Beste zu machen in enger Abstimmung mit den Fachleuten der Lawinenwarnzentrale und versprach weiter, bei neuen Erkenntnissen wieder eine Informationsveranstaltung für die Bürger zu initiieren.

Hans Konetschny bestätigte, auch wenn die Raitener Bürger durch die Evakuierung das Gefühl der Gefahr hatten, es gibt keine bedrohte Infrastruktur und die Gefahrenbereiche werden laufend überwacht.   wun

Fotos Uwe Wunderlich

Polizeihauptkommissar Helmut Weidel  zeigt eine Lawinen-Simulation nach dem Ereignis von 2009

Hans Konetschny (links) referiert mit Bürgermeister Loferer zur Situation

Sybilla Wunderlich (wun), Maisbachweg 4, 83259 Schleching, Tel. 08649-9869273, Sybilla.Wunderlich@t-online.de

13. Februar 2019