In den ersten sechs Jahren werden die Koffer fürs Leben gepackt – Informationen zum Waldkindergarten in Schleching

Apfeltest

Schleching – Das Thema „Waldkindergarten“ beschäftigt die Gemeinde Schleching schon eine Weile, aber jetzt ist es in der konkreten Planung. Ein Platz wurde gefunden, eine ausgebildete Waldpädagogin ab September eingestellt und die Anmeldephase ist angelaufen.

 

Ab dem Alter von drei Jahren können die Kinder in den Waldkindergarten gehen für maximal sechs Stunden am Tag. Die „Bringzeit“ liegt zwischen 8 bis 8.30 Uhr, abgeholt wird bis spätestens 14 Uhr. Der Platz liegt in der „Schlechinger Au“ (am Ende der Austraße, Wanderparkplatz und ein kleines Stück Richtung Wald)

 

Bürgermeister Josef Loferer begrüßte interessierte Eltern zu der Informations-Veranstaltung, die von Irmi Klauser als Waldkindergarten-Leiterin und Sonja von Rosen als Fachberaterin und Vertreterin der AWO geleitet wurde. Loferer sah das Angebot des Waldkindergartens als Erweiterung und Thema der Zukunft für Natur und Umwelt. Vom Arbeitskreis Waldkindergarten standen für Fragen auch die Gemeinderatsmitglieder Michael Bachmann und Christian Zaiser zur Verfügung.

 

Sonja von Rosen von der AWO freute sich, dass sie auch hier die Trägerschaft übernehmen konnten und berichtete, dass sie schon elf Kindergärten betreuen, wovon bereits zwei als Waldkindergärten etabliert sind.

 

Irmi Klauser bringt die besten Voraussetzungen für die Leitung eines Waldkindergartens mit. Nicht nur 35 Berufsjahre als Erzieherin, auch die Zusatzausbildungen als Psychomotorikerin und Waldpädagogin mit dem Abschluss als Naturlehrerin prädestinieren sie für die Etablierung und Leitung.

Nachdem sie zwei Jahre lang den Waldkindergarten Übersee aufgebaut hatte, arbeitet sie jetzt seit fast sechs Jahren im integrativen Waldkindergarten Riedering als Leiterin. Zum September in diesem Jahr wird sie die Leitung in Schleching übernehmen.

Ihre Kindheit verbrachte Irmi Klauser zuhause auf dem Bauernhof in Piesenhausen und die Ferien in Ettenhausen. So entstand eine besondere Beziehung zum Schlechinger Tal und der Grundstein für ihre Liebe zur Natur- und Tierwelt.

 

Den Kindern mehr zutrauen

Sehr engagiert und authentisch vermittelte Irmi Klauser die Argumente für einen Waldkindergarten. Ihre Erfahrungen ermöglichten an praktischen Beispielen die Vorteile zu zeigen und auf die Fragen der Eltern einzugehen.

Zu Beginn führte die Pädagogin die Probleme der Kinder in der heutigen Zeit an, wie das Fehlen von freiem, kreativem und fantasievollem „Ur-Spiel“ in der Gruppe mit anderen Kindern im Wald und der Kontakt mit der Natur.

Als weiteres Problem der Zeit sah sie die Reizüberflutung, die eine gesunde und natürliche Entwicklung nicht fördert. Auch die Wertevermittlung der Gesellschaft kommt zu kurz. Sie meinte damit „Nur was der Mensch schätzt, wird er auch später schützen“

In der „Bewegung“ der Kinder sah sie ein wichtiges Lebenselement vom ersten Lebenstag an und meinte „die Urbewegung ist das Tor zum Lernen“!

Ihr Tenor in den weiteren Ausführungen war, dass den Kindern mehr zugetraut werden sollte.

Kinder brauchen keinen extra Spielplatz und Spielsachen, denn dann wird eher die eigene Fantasie angeregt. Als Beispiel führte Irmi Klauser an, wie Kinder sich einen Bauernhof basteln aus Zapfen und Rinden, die sie im Wald finden. Oder jetzt im Winter wurde eine Sprungschanze von den Kindern selbst gebaut. Alles wohl durchdacht, erst eine Schanze für die Kleineren und dann eine für die etwas Älteren. Die Kinder entscheiden meist selbst an welcher Stelle im Wald sie spielen möchten, so kombinieren sie ganz richtig, dass es bei einem stürmischen Tag besser auf der Lichtung oder Wiese ist, wegen der möglichen herabfallenden Äste im Wald.

Irmi Klauser meinte „In den ersten sechs Jahren werden die Koffer fürs Leben gepackt“. Die Kinder lernen visuelle, taktile und auditive Wahrnehmungen, ebenso wie die Sensibilisierung des Geruchs- und Geschmacksinnes, sowie flexibel und spontan auf natürliche Gegebenheiten zu reagieren, wie Wetter und Jahreszeiten. Auch im sozialen Verhalten bei Rollenspielen verarbeiten die Kinder ihre Um- und Mitwelt.

Bei allem freien Spiel orientiert sich der Waldkindergarten trotzdem ebenso an dem bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan und richtet sich -wie jeder Regelkindergarten- nach den gleichen Bildungs-und Erziehungszielen.

 

Der Tagesablauf im Waldkindergarten

Nachdem alle Kinder gekommen sind, wird nach dem „Indianer- oder Eulenruf“ gemeinsam der Tag besprochen, ein Begrüßungs-Lied gesungen und gemeinsam entschieden, zu welchem Platz gegangen wird. Sollte mal Uneinigkeit über ein Thema herrschen, gibt es einen wechselnden Streitschlichter unter den Kindern, dann heißt es zum Beispiel, erst wird das Problem mit dem „Adler-Peter“ besprochen, bevor die Erwachsenen gefragt werden. Gegen 10 Uhr wird eine gemeinsame Brotzeit mit festen Ritualen eingenommen, dann ist Zeit für freies Spiel und von 11.30 bis zirka 12.15 Uhr werden individuelle themenbezogene gezielte Beschäftigungsangebote in Klein- oder in der Gesamtgruppe angeboten. Ab 12.30 bis 13 Uhr werden die ersten Kinder abgeholt und die anderen machen meist eine zweite Brotzeit aus Wärmebehältern, dann ist noch Zeit zum Spielen vor der Hütte, bis der oder die Letzten abgeholt werden.

Die Anmeldemöglichkeit endet, wenn die Gruppenstärke erreicht ist –spätestens am 28. Februar!

Michael Bachmann erzählt, dass in der Hütte für jedes Kind ein Sitzplatz zur Verfügung steht. Die Gruppenstärke ist für 12 bis maximal 25 Kinder vorgesehen.

Die Anmeldung läuft bereits, die Anmeldefrist endet spätestens am 28. Februar oder vorher, wenn bereits die Gruppenstärke für das erste Halbjahr erreicht ist. Es werden Schlechinger Kinder bevorzugt bei der Anmeldung und auch besonders Integrationskinder mit erhöhtem Förderbedarf.

Fragen der Eltern

Auf die Frage einer Mutter „ob auch Kinder, die Windeln tragen dabei sein können“ war die Antwort, dass das kein Problem ist. Irmi Klauser beantwortete auch die weiteren Fragen zum Toilettengang, der einfach im Wald durch Vergraben stattfindet und von den Kindern als natürlicher Vorgang angenommen wird.

Allgemein bestand Unsicherheit bei manchen Eltern ob dem Umstand, wenn es dem Kind nicht gefällt im Waldkindergarten und ob dann die Möglichkeit besteht, zum Regelkindergarten zurückzukehren. Irmi Klauser konnte dazu berichten, dass in der ganzen Zeit ihrer Tätigkeit in diesem Bereich noch nie ein Kind zurückwollte und Sonja von Rosen schlug vor, die Möglichkeit in einem anderen Waldkindergarten (zum Beispiel in Übersee) zum „Schnuppern“ zu nutzen.

Auch auf Fragen zum Übertritt von der Krippe in den Waldkindergarten wurde ausführlich geantwortet und von einer dreiwöchigen Übergangszeit berichtet, wo die Bezugspersonen mal kurz weg gehen und die Spanne dann länger wird. Für neue Kinder gibt es unter den Älteren später Paten, die den Neuankömmling an die Hand nehmen.

Hierbei berichtete Irmi Klauser auch von ihren positiven Erfahrungen der Integration von Kindern mit Behinderung, es gibt in ihrer jetzigen Gruppe ein Kind das taub und eines das blind ist, beide wurden sehr gut integriert und alle Kinder lernen damit umzugehen.

Auch die Frage nach einer Zusammenkunft der angemeldeten Familien bevor es im September los geht, wurde bejaht. Es gibt dann auch eine konkrete Liste, was die Kinder für den Anfang benötigen, besonders in Bezug auf die richtige Kleidung; denn die Kinder dürfen nicht frieren. In der mit Holz beheizbaren Hütte gibt es auch für jedes Kind eine eigene Box für die zweite Kleidungs-Ausstattung.

Sonja von Rosen von der AWO wies darauf hin, dass für den Schlechinger Waldkindergarten noch ein:e Kinderpfleger:in und ein:e Praktikant:in gesucht werden.

  1. Anmeldung für den diesjährigen Waldkindergarten kann ab sofort erfolgen bei der Gemeinde Schleching, per E-Mail bei Johanna Detsch, die dann die weiteren Schritte koordiniert. Johanna.Detsch@Schleching.de

wun

 

Sybilla Wunderlich (wun), Maisbachweg 4, 83259 Schleching, Tel. 08649-9869273, Sybilla.Wunderlich@t-online.de

31. Januar 2022